Gut qualifiziert dank »VAMB«

Gut qualifiziert dank »VAMB«

Rechnungen, Rechnungen, Rechnungen – tagtäglich landen unzählige Zahlungsaufforderungen auf dem Schreibtisch von Lisa-Marie Mengedoth. Zum Glück muss die Auszubildende sie nicht selbst bezahlen. Denn es handelt sich um Rechnungen, die in den rund 700 Gerry-Weber-Filialen angefallen sind. Deren vollständiger Zahlungsverkehr muss kontrolliert, sortiert und archiviert werden. Dafür ist ihre Abteilung zuständig. „Kundenservice und Organisation“ lautet offiziell der Aufgabenbereich, der für Lisa-Marie Mengedoth und ihre Kollegen und Kolleginnen das Tagesgeschäft bedeutet.

Von der Papierflut lässt sich die 20-Jährige nicht aus der Ruhe bringen. Sorgfältig heftet sie jedes einzelne Blatt in einen der Ordner, die in dichter Reihe die Metallregale füllen. „Ich bin gerne hier“, sagt Lisa-Marie Mengedoth. „Die Arbeit macht mir Spaß, die Kollegen sind nett und man hilft sich gegenseitig.“ Dafür nimmt die Bielefelderin auch die Stunde Fahrzeit – mit Bus und Bahn nach Halle (Westf.) – gerne in Kauf. Denn bei Gerry Weber hat sie eine Chance bekommen, mit der sie noch vor wenigen Jahren nicht gerechnet hätte.

Starkes Team für eine gute Ausbildung: (v.l.) Christina Müller-Mathiak, Nicola Höltkemeier und Lisa-Marie Mengedoth tauschen sich regelmäßig aus.

Starkes Team: (v.l.) Christina Müller-Mathiak, Nicola Höltkemeier und Lisa-Marie Mengedoth tauschen sich regelmäßig aus.

Lisa-Marie Mengedoth besucht das Berufsbildungswerk Bethel (BBW). Hier absolviert sie eine „Verzahnte Ausbildung mit Betrieben“– kurz „VAMB“ genannt. Dabei handelt es sich um eine dreijährige Teil- oder Vollausbildung, bei der das BBW mit einem Unternehmen der freien Wirtschaft zusammenarbeitet. Der praktische Anteil findet bei einem Kooperationsbetrieb – in ihrem Fall Gerry Weber – statt. Das BBW bleibt weiterhin Träger der Ausbildung.

Die Woche der Auszubildenden ist abwechslungsreich: An drei Tagen ist sie bei Gerry-Weber in Halle im Einsatz, dann folgen jeweils ein Tag in der Berufsschule und im Berufsbildungswerk Bethel. Ein ausgelagerter Ausbildungsort in einem Unternehmen tue den Auszubildenden gut, ist BBW-Mitarbeiterin Christina Müller-Mathiak überzeugt: „Hier erleben sie, dass sie etwas können und dass sie wichtig sind. Diese Erfahrung können sie im BBW alleine nicht machen.“

„Mittlerweile arbeitet Lisa-Marie Mengedoth absolut selbstständig“

Für ihren Einsatz bei Gerry Weber wurde Lisa-Marie Mengedoth im BBW fit gemacht. Sie lernte das Schreiben auf der Computer-Tastatur mit zehn Fingern, die Grundkenntnisse von Office-Programm und absolvierte ein Telefon- und Fahrtraining. Von der Ausbildungskooperation profitierte die junge Frau erheblich: „Mittlerweile arbeitet Lisa-Marie Mengedoth absolut selbstständig“, lobt Nicola Höltkemeier, ihre Vorgesetzte und gleichzeitig Betreuerin bei Gerry Weber. Sie hat der jungen Frau ihre Aufgaben gezeigt und die Abläufe in der Abteilung erklärt. „Jeder Mensch soll eine Chance erhalten“, findet sie. Deshalb setzt sie sich nicht nur für die insgesamt drei Auszubildenden aus Bethel in ihrer Abteilung ein, sondern engagiert sich auch als Schwerbehinderten-Vertrauensperson im Stammsitz des Textilunternehmens. „Von ihr habe ich viel gelernt“, sagt Lisa-Marie Mengedoth.

Weil die Zahl der einzelnen Rechnungs-Belege in die Millionen geht, wird ein großer Teil der Post der Firma Gerry Weber im BBW vorsortiert. Hier hat Lisa-Marie Mengedoth – mittlerweile Expertin – ihren Mitauszubildenden erklärt, was zu tun ist. Wenn der Bethel-Fahrdienst die Kisten zurückbringt, kontrolliert sie, ob alles korrekt bearbeitet wurde. Auf ihre Fortschritte ist sie stolz. Vor allem, weil sie seit kurzem auch im direkten Kontakt mit ihren Kunden eingesetzt wird.

Bereits seit vielen Jahren gebe es Integrationsaktivitäten bei Gerry Weber, erläutert Personalchef Dirk Wefing. Mittlerweile seien die insgesamt neun Arbeitskräfte aus Bethel und vom Haller Wertkreis wie selbstverständlich „ein integraler Bestandteil des Unternehmens“. Weitere Arbeits- oder Ausbildungsplätze für Menschen aus Bethel soll es in einem neuen, riesigen Logistikzentrum geben, das gerade in Künsebeck entsteht. Das Unternehmen schafft die richtigen Rahmenbedingungen, betont Dirk Wefing: „So ein Projekt wird jedoch vor allem von engagierten Mitarbeitern wie Nicola Höltkemeier getragen.“

 

Fotos: Reinhard Elbracht

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