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Die unerwartete Wendung zum Guten
Plasmaschneider, Zentrifugalkraft, Trapezgewinde … wenn Heinrich Hase von seiner Ausbildung erzählt, wird es für den Laien schwer. Der 30-Jährige absolviert bei den Stadtwerken Bielefeld eine Ausbildung zum Industriemechaniker. Begleitet werden er und sein Arbeitgeber durch den Integrationsfachdienst Bielefeld/Gütersloh, der im Auftrag des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe arbeitet. Zu seinen Trägern gehört „Bethel – proWerk“.
Die Zwischenprüfung hat Heinrich Hase bereits erfolgreich abgelegt. Wenn er Ende des Jahres seine Ausbildung ebenso gut abschließt, ist er ein Profi darin, Bauteile und Baugruppen für große Maschinen und Produktionsanlagen herzustellen, Anlagen einzurichten oder sie zu reparieren. Dem Auszubildenden gefällt es, dass Kreativität gefordert ist. „Für unterschiedlichste Probleme muss man eine Lösung finden. Toll ist es, wenn man eine eigene Idee entwickelt hat und die älteren Gesellen dann kommen und sich das anschauen.“ Mit großer Ausdauer und Gründlichkeit tüftelt der junge Mann so lange, bis er eine Lösung hat.
„Es ist ein komplexes und individuelles Arbeiten“, bestätigt Gregor Schreiber, Ausbilder für den mechanischen Bereich. „Kein Tag ist wie der andere.“ Heinrich Hase kommt damit gut zurecht. Nach dem Abitur wollte er Maschinenbau studieren, wurde aber psychisch krank. Ein längerer Klinikaufenthalt in Bethel folgte und dann die Bernhard-Mosberg-Werkstatt. Dort lernte er 2014 Michael Schulte vom Integrationsfachdienst kennen, der ihm Betriebspraktika vermittelte, mit ihm Stellenanzeigen sichtete und Bewerbungen schrieb. „Herr Hase war da sehr aktiv“, erinnert sich der Bethel-Mitarbeiter, der beim Integrationsamt auch beantragte, dass ein Ingenieur mit dem Auszubildenden theoretische Inhalte nacharbeitet.
Rückhalt durch Integrationsfachdienst
Ein Jahr lang war Michael Schulte der Ansprechpartner für Heinrich Hase und Gregor Schreiber, dann übernahm seine Kollegin Jutta Henselmeyer. Ihr Auftrag ist es, das Arbeitsverhältnis dauerhaft zu „sichern“. Ausbilder und Auszubildender kontaktieren sie aber nur selten, weil alles gut läuft. „Trotzdem ist es beruhigend, dass es einen Rückhalt gibt; jemanden, der um die Besonderheiten weiß“, sagt Gregor Schreiber, der während seines Zivildienstes in Bethel tätig war.
Heinrich Hase ist medikamentös gut eingestellt, und er hat gelernt, mit sich achtsam umzugehen. „Man weiß gar nicht, wie verwundbar man ist.“ Geholfen habe ihm das soziale Umfeld. „Ich habe eine christliche Familie, die zu mir gehalten hat, und eine Gemeinde, die mich aufgefangen hat.“ Jetzt hofft er, nach der Ausbildung bei den Stadtwerken bleiben zu können. Dort sei das Arbeitsklima so gut. „Als ich im Krankenhaus war, hätte ich nie gedacht, dass mein Leben noch einmal eine solche Wendung zum Guten nehmen würde“, sagt er dankbar.
Fotos: Paul Schulz
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