Junge und alte Bewohner, Menschen mit und ohne Behinderungen –…
Inklusion zwischen Gartenzwergen und Radieschen
Bienen summen aufgeregt in einem Meer aus rotem Klatschmohn, eine Amsel zwitschert vergnügt ihr „Lied“ in einem kleinen Apfelbaum. Im Hintergrund ist das „Schnipp-Schnapp“ einer Heckenschere zu hören. Es ist Hochsaison im Kleingärtner-Verein Borchenerstraße in Paderborn. Auch in der kleinen Parzelle hinter dem hölzernen Rosentor wird fleißig gearbeitet.
Drei Männer und eine Frau sind mit der Pflege ihres Schrebergartens im äußersten Winkel der Kolonie beschäftigt. Vor allem das Gemüse muss gepflanzt oder ausgesät werden, damit sich die Ernte lohnt. Stefan Pickartz „beaufsichtigt“ das Treiben der anderen drei Kleingärtner. Der Mitarbeiter des Betheler Begegnungszentrums Paderborn ist mitverantwortlich dafür, dass die Parzelle vernünftig bewirtschaftet wird. „Jeder sucht sich seine Arbeit selbst. Und wer will, ruht sich einfach nur aus und genießt dieses kleine Stück Natur“, sagt er.
Der Kleingarten wird von allen ambulanten und stationären Angeboten sowie dem Begegnungszentrum von Bethel.regional in Paderborn genutzt. Der Schrebergarten soll Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen Erholung und eine sinnvolle Beschäftigung im Grünen ermöglichen – denn kaum eine Betheler Einrichtung in Paderborn verfügt über einen eigenen Garten.
Auf rund 400 Quadratmetern wachsen Kürbisse, Radieschen, Kopfsalat, Kohlrabi, Erdbeeren und verschiedene Kräuter. Auch einige Pflaumen- und Apfelbäume stehen in dem Garten. Zu dem gepachteten Bereich gehört ein kleines Holzhäuschen, das die Nutzerinnen und Nutzer erst kürzlich rot-weiß im „Schweden-Stil“ angestrichen haben. Es gibt immer etwas zu tun, zu jeder Jahreszeit.
Vor allem der Kampf gegen das Unkraut macht den Betheler Kleingärtnern zu schaffen. Allein der 49-jährige Reinhard Mühlenkamp hat sichtlich viel Spaß daran, Giersch, Löwenzahn und Springkraut aus dem Boden zu rupfen. Unentwegt bückt er sich und zieht büschelweise Gräser und Gestrüpp aus der Erde. Reinhard Mühlenkamp gehört zu den eifrigsten Besuchern der Gartengruppe und gilt bei den anderen als „Mann mit dem grünem Daumen“
Es gibt keinen strengen Ablaufplan für die Besuche in der Kolonie, und auch keine Kleiderordnung. Im pikfeinen Zwirn – mit Anzug, Krawatte und Sonnenbrille – ist die 28-jährige Barbara Hansmann heute mitgekommen und beginnt direkt mit der „Pause“. Gemeinsam mit dem 27-jährigen Daniel Timmermann hat sie es sich im Schatten vor dem Gartenhäuschen gemütlich gemacht.
Ein wichtiges Ziel des Garten-Projekts ist die Teilhabe an der Gemeinschaft des Kleingärtnervereins – mit allen dazu gehörenden Vorzügen und Pflichten. „Es gibt Gemeinschaftsstunden, in denen alle Mitglieder aufgefordert sind zum Beispiel den Mittelweg oder die äußersten Hecken zu pflegen“, erklärt die Vereinsvorsitzende Ursula Respondek, die auf ein kurzes „Hallo“ vorbeigekommen ist. Die Menschen von Bethel.regional seien gut aufgenommen worden. Stefan Pickartz bestätigt das. „Letztes Jahr hatten wir alle Kleingärtner zu uns zu einem Gartenfest eingeladen. Da war richtig was los!“ Das Projekt sei ganz im Sinne des Inklusions-Gedankens.
Fotos: Gunnar Kreutner
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